Für mehr Sichtbarkeit – Lektor:innen ins Impressum!, fordert der VFLL e.V., der Verband der Freien Lektorinnen und Lektoren. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, sollte man meinen, da ihre Arbeit an der Qualität eines Buches, deutsches Original oder Übersetzung, ja einen wichtigen Anteil hat.
Doch die Praxis sieht gerade bei großen Publikumsverlagen oft noch anders aus.
Bereits im Juni 2022 hat der VFLL mit einer Aktion auf diesen Missstand aufmerksam gemacht und konnte dabei auf die Unterstützung zahlreicher prominenter Autor:innen zählen.
Auf der Frankfurter Buchmesse wird es am 20.10. im Internationalen Übersetzungszentrum gemeinsam mit dem Übersetzendenverband VdÜ und den BücherFrauen eine Veranstaltung zum Thema Sichtbarkeit geben.
Ein Interview mit den Organisatorinnen Julia Hanauer und Johanna Schwering.
Wen vertritt der VFLL e.V. und was sind eure Zielsetzungen?
Der VFLL hat mehr als 1.000 Mitglieder – freie Lektor:innen aus allen Branchen und allen deutschsprachigen Ländern. Der Verband vernetzt, vertritt unsere Interessen, bietet ein tolles Fortbildungsprogramm … Generell ist die Professionalisierung ein wichtiges Verbandsziel, denn das Lektorat ist weder ein Ausbildungsberuf noch gibt es eine geschützte Berufsbezeichnung. Für die Buchbranche sind unsere wichtigsten Ziele momentan mehr Sichtbarkeit und bessere Honorare.
Weshalb ist die Erwähnung im Impressum für Lektor:innen so wichtig?
Sichtbarkeit hängt eng mit Wertschätzung und mittelbar auch mit Entlohnung zusammen.
Konkret geht es bei der Kampagne #LektoratInsImpressum letztlich darum, eine längst etablierte Praxis branchenübergreifend standardisiert offen zu legen und damit der Arbeit von Lektor:innen mehr Wertschätzung zu zollen.
Das Freie Lektorat ist ein relativ junger Berufsstand, erst seit ca. 20 Jahren geben Buchverlage Lektorate an Außenlektor:innen, weil die angestellten Verlagslektor:innen zunehmend Projektmanagement betreiben und schlicht keine Zeit mehr für all die Textarbeit haben.
(Foto: ©VFLL e.V.)
Und was spricht aus Sicht der Verlage gegen die Nennung im Impressum?
Die Argumente, die uns in Verhandlungen zu dem Thema genannt werden, sind schwach: „Das haben wir noch nie gemacht.“ „Dann würden wir ja Werbung für Sie machen.“ „Es ist nicht gut, wenn wir sichtbar machen, dass das Buch extern lektoriert wurde.“
Dahinter steckt zum einen ein überholter Geniegedanke – obwohl wir ja alle wissen, dass kein Autor sein Buch allein schreibt. Zum anderen der Irrglaube, das Außenlektorat offenbare eine Qualitätsschwäche des Verlags. Meist ist das Gegenteil der Fall!
Freie Lektor:innen haben mehr Zeit für die Textarbeit, sie können ihre Arbeit gründlicher machen, sind oftmals spezialisiert, weshalb viele Autor:innen und Übersetzer:innen sich freuen, wenn ihre Texte extern lektoriert werden. So oder so ist das Lektorat nichts, was man verbergen müsste. Jedem Text hilft ein Lektorat. Ein gutes Lektorat ist ein Qualitätsmerkmal.
Wer sind denn die Verlage, die nicht nennen?
Oft vor allem etablierte Traditionsverlage, die noch nicht so lange mit freien Lektor:innen zusammenarbeiten. Die Entwicklung des Freien Lektorats in der Buchbranche zeigt, dass zunächst vor allem Übersetzungen und kommerziellere Titel ins Außenlektorat gegeben wurden. Die Bücher deutschsprachiger Autor:innen und literarische Titel wurden lange noch möglichst exklusiv verlagsintern lektoriert.
Das erklärt, warum in der Unterhaltung viel selbstverständlicher das Außenlektorat genannt wird als in den Hardcoverprogrammen oder in rein literarischen Verlagen. Mittlerweile wird aber von den allermeisten Verlagen in allen Genres und für alle Programmplätze mit freien Lektor:innen gearbeitet. Bloß bei manchen muss sich die Impressumsnennung noch durchsetzen.
Welche Aktionen sind im Rahmen der Kampagne schon gelaufen bzw. noch geplant, um den freien Lektor:innen mehr Sichtbarkeit zu verschaffen?
Wir haben zunächst in einer verbandsinternen Umfrage den Ist-Zustand und den Bedarf unserer Kolleg:innen zum Thema Impressumsnennung erfasst. Die Ergebnisse dieser Erhebung haben wir mit Empfehlungen zur Verhandlung mit Verlagen in einer Handreichung für freie Lektor:innen veröffentlicht.
Flankierend zu einem Interview, das unsere Verbandsvorsitzende dem Börsenblatt zum Thema gegeben hat, haben wir eine Anzeige in Börsenblatt und Buchreport geschaltet, in der wir einem guten Dutzend renommierten Publikumsverlagen danken, die freie Lektor:innen standardmäßig im Impressum nennen.
Die Idee dahinter ist, nicht diejenigen an den Pranger zu stellen, die die Impressumsnennung bisher aus Prinzip oder aus Gewohnheit unterlassen, sondern aufzuzeigen, wer alles nennt und dadurch andere zum Nachziehen zu ermuntern.
Es gab Artikel zum Thema im Selfpublisher und auf dem Blog des VFLL. Unser SocialMedia-Team bespielt zurzeit den Facebookkanal des VFLL mit Quotes von prominenten Autor:innen, die erklären, warum sie unser Anliegen unterstützen. Abschluss der Kampagne ist die Podiumsdiskussion auf der Frankfurter Buchmesse zum Thema Sichtbarkeit von Übersetzer:innen und Lektor:innen. Das wird sicher spannend!
Wie war die Resonanz auf eure Aktionen bei der Presse und bei den Verlagen?
Die Branchenpresse hat das Thema sehr gerne aufgegriffen. Wir haben bisher vor allem sehr positiven Rücklauf von Kolleg:innen bekommen.
D.h., unter freien Lektor:innen herrscht Einigkeit darüber, dass die geregelte Impressumsnennung überfällig ist.Auch Autor:innen und Übersetzer:innen unterstützen die Kampagne einhellig. Für diese kollegiale Unterstützung bedanken wir uns sehr herzlich und hoffen, dass die Verlage, die das Lektorat bisher nicht nennen, den Ruf hören und ihre Haltung überdenken.
(Foto: ©VFLL e.V.)
Julia Hanauer ist freie Lektorin für Kinder- und Jugendbücher. Sie ist seit über 10 Jahren im VFLL aktiv und setzt sich unter anderem für die Sichtbarkeit des Lektorats und faire Honorare ein.
Johanna Schwering ist freie Lektorin in der Belletristik und übersetzt aus dem Spanischen. Sie arbeitet für renommierte Publikumsverlage und engagiert sich im VFLL und bei den BücherFrauen.
K.S.