©Julian Müller/Weltlesebühne

Rechtliche Fragen und Voraussetzungen für Übersetzer:innen beim Videodreh

von Barbara Neeb

Das Internet ist großartig, weil es eine solche potentielle Reichweite auch für uns Literaturübersetzende birgt. Aber aus den gleichen Gründen hat es seine Tücken, wenn man ein Video drehen bzw. online stellen will.

Ich gebe zu, Jura ist nicht mein Hobby, aber da wir mit der Digitalen Weltlesebühne nach Veranstaltungen und Workshops vor Ort neue Wege der Sichtbarmachung gehen wollten, musste ich mich ein wenig in die Materie einarbeiten. Im Folgenden ein Überblick aus unseren praktischen Erfahrungen. Er kann unmöglich alle Aspekte abdecken, denn eigentlich erscheint mir (und auch Leuten, die sich beruflich damit auskennen) das Urheberrecht immer uferloser, je weiter man sich damit beschäftigt. Hier aber ein paar wichtige Tipps:

Sichert euch die Rechte aller am Video Beteiligten!

Dieser Punkt leuchtet jedem ein – wer sein Gesicht in die Kamera hält, wer dahinter steht, wer Musik dazu beiträgt, wer einen Text schreibt, wer ein Foto beisteuert und … und … und – all diese Menschen müssen ihre Zustimmung geben, dass das Video mit ihrer Beteiligung zeitlich und räumlich unbegrenzt genutzt werden darf. Gegebenenfalls kann man natürlich eine zeitliche Begrenzung vereinbaren, dann muss das Video nach Ablauf einer gewissen Frist aus dem Internet gelöscht werden (diesen Fall hatten wir mehrfach)

Fragt auch die Rechteinhaber „aus der zweiten Reihe“!

Hier fängt es schon an, kompliziert zu werden. Denn z.B. bei einer Buchvorstellung muss der deutsche Verlag seine Zustimmung zur Nutzung des Werkes geben, aber ebenso der Originalverlag, falls der deutsche Verlag diese Nutzungsrechte eventuell gar nicht besitzt.
Im Rahmen des Zitatrechts oder des Werbungsrechts ist zwar eine Lesung von ein paar Sätzen oder Zeilen erlaubt, aber hier gibt es bewusst keine konkreten gesetzlichen Vorgaben. Um zu vermeiden, dass teuer gefilmtes Material nicht verwendet werden darf, lieber vorher alles abklären – oder entsprechend kürzen!
(Nur so als Tipp: ÜBER etwas reden darf man immer, das ist grundsätzlich sehr authentisch und eventuell sogar interessanter als eine Lesung.)

Musik ist tricky!

Ihr wollt stimmungsvolle Musik im Hintergrund haben? Dann sucht im Internet nach gemeinfreier Musik. Da gibt es eine große Vielfalt an Werken, die man gegen die Nennung von Komponisten etc. verwenden darf – aber bitte nicht das Lieblingsklavierkonzert oder die Lieblingsband, denn hier sind z.B. Komponist*in bzw. deren Erben, Musiker*innen und Musikproduzent*innen beteiligt.

Achtet auch auf den bildlichen Hintergrund!

Das Gemälde oder Poster an der Wand, die Packung Süßigkeiten auf dem Tisch, die Lieblingslimo – ihr kennt das Wort „Produktplazierung“, um die es sich hier handelt (auch wenn man kein Geld dafür bekommt). Abhängen, umdrehen, abkleben, beiseite stellen!!!

Besorgt euch eine Drehgenehmigung!

Wo wollt ihr drehen? Im malerischen Park vor dem Rokokoschloss? Dann müsst ihr bei der Stadt oder der entsprechenden Stelle anfragen, ob ihr das auch dürft. Ebenso z.B., wenn ihr im Zug oder auf Bahnhöfen dreht. Grundsätzlich gilt, dass man an öffentlichen Plätzen etwas abfilmen darf, wie z.B. Touristen, aber wenn man dort eine Lesung abhält, muss diese Aufnahme genehmigt werden.
(Auch hier kann ich aus der Erfahrung berichten, dass man so eine Genehmigung meist schnell und unkompliziert erhält.)

Unbeteiligte Dritte im Bild vermeiden!

Eigentlich müssen alle, die abgelichtet werden, um ihre Erlaubnis gefragt werden. Kinder sind besonders schützenswert – hier müssen ab einem gewissen Alter (ca. 14 Jahre) sogar Erziehungsberechtigte wie Kinder gefragt werden. Also am besten gar nicht oder nur von hinten, bzw. nicht erkennbar aufnehmen.
Ausnahmen gibt es aber auch, so darf man Menschen als „Beiwerk“ zu Landschaften oder öffentlichen Plätzen etc. durchaus mitfilmen. Oder auf öffentlichen Umzügen . Puh, da fiel mir letztens ein Stein vom Herzen, denn wie halte ich Atmosphäre in einem trubeligen Bahnhof fest, wenn ich die Menschen nicht zeigen darf.

Und wie sieht eine Drehgenehmigung aus?

Zur Form der Genehmigung: Auf der sichersten Seite seid ihr natürlich, wenn ihr euch eine schriftliche Genehmigung besorgt, es geht aber auch mündlich oder – wie ich gerade erst gelernt habe – konkludent, also stillschweigend. Das bedeutet demjenigen, den du aufnimmst, müssen Zweck, Art und Umfang der Veröffentlichung bekannt  bzw. offensichtlich sein.

Und – ist jetzt alles klar? Wenn man sich erst einmal die Dimensionen der rechtlichen Aspekte vor Augen hält, kann man sich schon irgendwie erschlagen fühlen, aber das geht vorbei. Also lasst euch nicht entmutigen – wir tun es auch nicht!

Diese Liste erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit oder juristischer Korrektheit – das sind die rechtlichen Punkte, die wir bei der Digitalen Weltlesebühne beachten, so wie wir sie verstanden haben. Wie gesagt – das ist ein weites Feld.
Und wenn ihr nun rechtlich abgesichert selbst einen Clip drehen wollt, hier ein Beitrag auf unserem Blog „10 Tipps zum Selberdrehen“ (K.S.)

 

Barbara Neeb studierte in München und Heidelberg Komparatistik und Translationswissenschaft. Seit 1996 ist sie Literaturübersetzerin (Italienisch, Französisch, Englisch), oft im Team v.a. mit Katharina Schmidt. Seit 2009 engagiert sie sich in der Weltlesebühne e.V. für die Sichtbarmachung von Übersetzenden durch Organisation und Moderation von Übersetzungsveranstaltungen und Workshops an Schulen, seit 2020 auch im Digitalen mit dem Aufbau des Youtubekanals, den sie auch betreut. (Foto: Ebba D. Drolshagen)

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