Barbara Neeb, Literaturübersetzerin aus dem Italienischen, Französischen und Englischen, ist fast seit Anbeginn Mitglied der Weltlesebühne. Während der Pandemie hat sie den Youtube-Kanal unseres Vereins aufgebaut und betreut ihn bis heute. Außerdem filmt sie leidenschaftlich Videos rund ums Literaturübersetzen. Hier ihr Bericht über eine Veranstaltung mit der Weltlesebühne in Hofheim, bei der Barbara u.a. Statements der Teilnehmenden einfing. Das Video gibt es auf unserem Youtube-Kanal.
(Katharina Schmidt)
„Ein Tag für die Literatur“!
Wenn an einem Tag ganz Hessen in über hundert Veranstaltungen das Lesen feiert, dann ist das für mich als Literaturschaffende auch eine Aussage. Zeigt es mir doch, dass das Interesse am Buch ungebrochen ist.
Bereits bei der letzten Ausgabe vor zwei Jahren konnte die Weltlesebühne auch uns Übersetzende als Teil der Buchbranche ins Programm einfügen. Dazu hier das Video von unserer Veranstaltung zum Team-Übersetzen. Und der Beitrag dazu auf unserem Blog.
Damals ging es Katharina Schmidt, Kirsten Brandt und mir vor allem darum zu zeigen, welche Rolle Literaturübersetzende im Kulturtransfer spielen und wie man auch im Team „mit einer Stimme sprechen“ kann.
Kurz vor diesem Event war im März 2023 Chat GPT 4.0 auf den Markt gekommen und seitdem wirbelt die „Künstliche Intelligenz“ die Szene kräftig durch. Nachdem man uns ziemlich schnell das Ende unseres Berufsstands vorausgesagt hatte und Diskussionen über Möglichkeiten, Schwächen und ebenso über angemessene Honorare entbrannten, lohnt sich nun ein Innehalten.
Zum Tag der Literatur 2025 lud die Weltlesebühne nun zum Thema KI in die Stadtbücherei Hofheim. Jeder Platz war besetzt. Toll, die Leserinnen und Leser wollen auch wissen, was an dem Hype dran ist.
Autorin, Illustrator und Übersetzerin auf einem Podium
Ein Bonus kam vom Hessischen Rundfunk, der diesen Tag zusammen mit dem Land Hessen organisiert. Wenn eine Veranstaltung besonders reizvoll, spannend, interessant erscheint, dann schickt er jemand für die Moderation, natürlich nur zu wenigen der über hundert Events an diesem Tag. Und Bingo! Die Diskussion zu KI und Literatur wurde ausgewählt und es kam die erfahrene Kulturjournalistin Petra Boberg.
Und wer noch? Menschen aus Berufen rund um Texte und ums Buch: Alexandra Rak, Literaturübersetzerin aus dem Englischen und Lektorin hat beim Projekt „Kollektive Intelligenz“ erste Erfahrungen beim Einsatz der KI beim Übersetzungsprozess gemacht. Die Weltlesebühne hat auf ihrem Blog darüber berichtet.
Leila Emami ist nicht nur Drehbuchautorin, sondern auch KI-Trainerin & KI-Filmemacherin. Also eine Texterin, die die KI in ihren Arbeitsalltag integriert hat und für Recherche und Figurenentwicklung gerne darauf zurückgreift.
Professor Tim Weiffenbach, Professor für Illustration und Animation im Fachbereich Business, Design and Technology an die Macromedia Hochschule Frankfurt, steuerte seine Erfahrungen aus dem Unibetrieb bei.
„Nur mal ein bisschen drübersehen …“
Ich selbst beobachte die Möglichkeiten von KI bei der Literaturübersetzung sehr genau, schließlich muss ich seit zwei Jahren oft und bei vielen Gelegenheiten Menschen aus allen Berufen erklären, warum es mit „ein bisschen Drübersehen“ eben nicht getan ist. Klar – KI-gestützte Übersetzungsprogramme funktionieren im Urlaub beim Übersetzen der Speisekarte doch so großartig und auch ich greife dankbar darauf zurück, wenn ich auf LinkedIn einen japanischen Post zumindest im Groben verstehen möchte.
Aber bei Literatur gelten andere Regeln. Meine Kollegin Alexandra Rak überzeugte das Publikum mit ihren fundierten Argumenten. Für mich – und das Video – hat sie diese in einem klaren Statement zusammengefasst.
Auch bei der Illustration ist nicht alles Gold, was wie KI glänzt. Professor Tim Weiffenbach wies bei den mitgebrachten Bildern auf typische Erkennungsmerkmale von KI-generierten Bildern hin. Als er berichtete, dass seine Studierenden gar nicht so scharf darauf, den Umgang mit der KI zu lernen, sondern vor allem das Handwerk beigebracht bekommen wollen, war das für mich nicht ganz so überraschend wie für das Publikum. Ich selbst habe Italienisch studiert, weil ich lernen wollte, mich in einer anderen Sprache als Deutsch auszudrücken.
Die Studierenden von Illustration wollen sich also in Bildern ausdrücken. Nicht in Texten. Bei der Veranstaltung wurde mehrfach betont, dass man aber vor allem gut prompten, also die richtigen Anweisungen schreiben können muss, um von der KI genaue Ergebnisse, sei es nun im Bild oder als Text zu bekommen. Im Video wirft Tim Weiffenbach übrigens noch eine ganz andere Frage auf und fragt nach der Haltung der Lesenden.
Was nehme ich sonst noch mit aus der Veranstaltung? Die aktive KI-Nutzerin Leila Emami konnte mich durchaus überzeugen, dass die KI für Menschen, deren Beruf das Schreiben ist, eine große Hilfe darstellen kann. Vorausgesetzt, man „füttert“ sie gut. In ihrem Beitrag im Video hat sie kurz und bündig zusammengefasst, wie sich die Maschine nutzen lässt.
Literatur braucht menschliche Emotionen für Tiefe
Einig waren sich auf jeden Fall in Hofheim alle, dass Literatur, die auch Spaß beim Lesen macht, (im Moment?) nur Menschen erschaffen können, denn nur durch tiefempfundene Emotionen entsteht ein Text mit ebensolchem Tiefgang.
Und wer noch mehr dazu erfahren will – der klicke hier zum Video. Neben den angesprochenen prägnanten Statements aller vier Podiumsteilnehmer*innen finden sich darin auch kurze Ausschnitte aus der Veranstaltung.
Ich freue mich sehr, dass damit ein weiteres Video für unsere Playlist zu Künstlicher Intelligenz entstanden ist. Ihr seht, wir bleiben dran und berichten immer wieder zum Thema Literatur/Literaturübersetzen und KI.
Barbara Neeb

Die Teilnehmenden der Veranstaltung von links nach rechts: Nicole Dietzel, Leila Emami, Tim Weiffenbach, Petra Bloberg, Alexandra Rak. © Barbara Neeb