Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine und seitdem es damit einen Krieg mitten in Europa gibt, fokussiert sich die kollektive Wahrnehmung vor allem auf Russlands aggressive Politik. Das ist eine sehr eindimensionale Betrachtung. Denn Russland ist natürlich sehr viel mehr als das. Es gibt eine lange und reiche Tradition der Kultur, speziell auch der Literatur. In Russland wurde Weltliteratur geschrieben. Und das ist auch heute noch so.
Literarische Entdeckung
Ein aktuelles Beispiel dafür sind die Romane der tatarisch-russischen Schriftstellerin Gusel Jachina. Sie gilt als eine der literarischen Entdeckungen der letzten Jahre. In ihren Büchern arbeitet sie die dunklen Kapitel der sowjetischen Vergangenheit auf. Trotz aller Kontroversen bleibt sie sich und ihrem erzählerischen Ansatz treu. Auch auf die Gefahr hin, dass es problematisch werden kann, weiter in ihrer Heimat veröffentlicht zu werden.
Bereits mit ihrem Roman-Debüt Suleika öffnet die Augen (Aufbau Verlag, 2018) wurde sie in Deutschland zur Bestseller-Autorin. Und das obgleich die Rezeption ihrer Romane auch hierzulande durchaus kontrovers diskutiert wird.

© George Kardava
Ihr Übersetzer Helmut Ettinger hatte den Roman für den Aufbau Verlag begutachtet und sich dabei so sehr für das Werk dieser Autorin begeistert, dass er das Buch unbedingt selbst übersetzen wollte. Es wurde seine erste Roman-Übersetzung. Zwei weitere Romane folgten inzwischen: Wolgakinder und Wo vielleicht das Leben wartet
Fruchtbare Zusammenarbeit
Helmut Ettingers spontaner „Leserausch“, wie er es nennt, und seine Begeisterung für diese „Ausnahmeautorin“ mündeten schließlich in einer sehr fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen Übersetzer und Autorin: Gusel Jachina spricht hervorragend Deutsch (und auch Englisch). Dadurch kann sie Übersetzungsvorschläge kompetent beurteilen und diskutieren. Dennoch überlässt sie dem Übersetzer als Muttersprachler das letzte Wort.
Interview mit TraLaLit
Das unabhängige Magazin für übersetzte Literatur TraLaLit traf Helmut Ettinger in Berlin zu einem ausführlichen Interview.
Im Gespräch mit Hanne Wiesner stellt der Übersetzer Gusel Jachina und ihr Werk vor. Und er gibt seine Erfahrungen und Eindrücke während der Arbeit an den Übersetzungen der Romane von Gusel Jachina wieder.
B.E.