Screenshot Babelwerk

Ein Seitenhonorar oder sechs Cappuccinos: Was bekommt man für 22 Euro?

Literaturübersetzen – ein Traumberuf?

Ein Beruf, den ich von überall ausüben kann, etwa mit dem Laptop unterm Apfelbaum. Arbeitszeiten kann ich mir frei einteilen, im Homeoffice ohne ÖPNV, Staus und Fahrtkosten. Außerdem befasse ich mich mit einer Materie, für die ich eine Leidenschaft entwickelt habe, mit Literatur – ein Traumberuf mit sehr vielen Freiheiten also?

Dass die Realität nicht ganz so rosig aussieht wie es auf den ersten Blick scheinen mag, ist zumindest dem Lesepublikum wenig bekannt. Das scheint Hand in Hand zu gehen mit der ganz allgemein geringen Wahrnehmung von Übersetzenden als kreativen Akteur:innen in der Literatur- und Kulturlandschaft.

Existenzieller Balanceakt

Wieviel unbezahlte Arbeit geleistet werden muss, bevor man mit einem Auftraggeber, also einem Verlag, ein Seitenhonorar von (günstigenfalls) etwa 20 bis 22 €, ausgehandelt hat, was ungefähr dem Verkaufspreis eines (übersetzten) Romans von ca. 280 Seiten entspricht, und wieviel Arbeitszeit und kreative Leistung in die Übersetzung eines solchen Buches fließen muss, ehe es beim Verlag in Produktion gehen kann, beschreibt die Übersetzerin Marieke Heimburger in einem ausführlichen Essay, zu lesen auf der Plattform Babelwerk.

Das ist jedoch nur einer der vielen berufsspezifischenen Aspekte, die Marieke Heimburger dort darstellt: So wie sehr viele Kulturschaffende in anderen Berufssparten sind Literaturübersetzende selbstständige Unternehmer:innen, sogenannte „Soloselbstständige“. Somit sind viele Tätigkeitsbereiche abzudecken: Akquise, Steuererklärung, Messebesuche, Fortbildung und vieles mehr. Neben der eigentlichen Arbeit und unbezahlt.

Ein existenzieller Balanceakt. Damit er sich lohnt, müssen die Arbeits- und Einkommensbedingungen sich dringend verbessern.  Denn mit Idealismus, Leidenschaft und Liebe zur Literatur allein kann man diesen Alltag des Literaturübersetzens kaum bewältigen, wenn man davon lebt.

Interview

Seit Juni 2021 ist Marieke Heimburger erste Vorsitzende des VdÜ.

Im Interview mit dem Online-Magazin für übersetzte Literatur Tralalit  beantwortet sie, gemeinsam mit dem 2. Vorsitzenden Ingo Herzke, Fragen zu ihrem ersten Amtsjahr im Zeichen des Umbruchs.

© Ebba D. Drolshagen

Marieke Heimburger absolvierte den Diplomstudiengang Literaturübersetzen an der HHU, Düsseldorf, und übersetzt Literatur aus dem Englischen und dem Dänischen.

Sie lebt in Tønder in Dänemark

B.E.

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