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Gastland der Frankfurter Buchmesse 2024 Italien – das alternative Programm

Die Frankfurter Buchmesse steht vor der Tür, heute wird sie eröffnet. Diesmal heißt der Ehrengast zum zweiten Mal nach 1988 Italien. Wie üblich gibt es einen Gastlandpavillon, in dem an den fünf Messtagen ein Programm mit zahlreichen Autor*innen vor Ort geboten wird. Italien ist aber auch anderorts mit spannenden Veranstaltungen präsent, die sich u.a. kritisch mit der Lage der Kultur und der Kulturschaffenden, der politischen und gesellschaftlichen Lage in diesem von einer Rechtsregierung geführten Land auseinandersetzen.

Ein Positivum, an dem man merkt, dass Literaturübersetzer*innen allmählich mehr Sichtbarkeit gewinnen: Bei vielen Veranstaltungen, auch zu Italien, sind sie jetzt, manchmal als Moderator*innen, oft „nur“ als Dolmetscher*innen dabei. Vielleicht wird Verlagen und Kulturinstitutionen so langsam bewusst, das Literaturübersetzende die idealen Moderator*innen für etwa eine Buchpräsentation sind, weil niemand (außer vielleicht dem Autor oder der Autorin) das entsprechende Werk besser kennt und einem Publikum vermitteln kann als er oder sie.

Hier ein paar Veranstaltungstipps zum Thema Italien auf und außerhalb der Messe:

Im Zentrum Wort, ehemals Übersetzungszentrum, in Halle 4.1 F 21 :

Mittwoch, 16. Oktober, 9:00 Uhr
„Dall`Italiano al mondo“ – Jahreskongress für Übersetzerinnen und Übersetzer aus dem Italienischen.
Mit Annalena Benini, Juergen Boos, Emanuele Di Giorgi, Annette Kopetzki, Vincenzo Latronico, Monica Malatesta, Beatrice Masini, Michael Reynolds, Ana Rodado, Susanne Schüssler und weiteren.
Organisiert von: Salone Internazionale del Libro di Torino

Mittwoch, 16. Oktober, 13:00 Uhr
„Vom Bild zum Wort“ – Die Sprache der neuen Rechten in Italien.
Die  Soziolinguistin Vera Gheno und der Kunsthistoriker Luciano Cheles zeichnen im Dialog mit Massimiliano Tarantino, Journalist und Direktor der Fondazione Feltrinelli, Vergangenheit und Gegenwart der politischen rechten Propaganda auf der doppelten Ebene von Wort und Bild nach.

Donnerstag, 17. Oktober, 17:00 Uhr

Unabhängige Verlage übersetzen die Literaturen der Welt
Die Rolle der unabhängigen Verlage für die Diversität im italienischen Buchmarkt – Herausforderungen und Chancen des literarischen Übersetzens
Lorenzo Flabbi und Marco Federici Solari (L’orma  editore), Daniela di Sora (Voland), Isabella Ferretti (66thand2nd),  Moderation: Ilide Carmignani (Übersetzerin)

Freitag, 18. Oktober, 14:00 Uhr

Frauenrechte und Selbstbestimmung in Italien – über Gewalt und Abtreibung in den Romanen von Ada D’Adamo und Valentina Mira

Über bekannte und unbekannte Seiten des Frauenkörpers – zwei Debütwerke der neueren italienischen Literatur in deutscher Übersetzung.
Ein Gespräch zwischen der Autorin Valentina Miria, der Übersetzerin Barbara Sauser und der Verlegerin Loretta Santini, moderiert von Cinzia Sciuto.

Sonntag, 20. Oktober,  10:00 Uhr

Literatur und Mehrsprachigkeit im Zeichen erstarkender Nationalismen: Italien, Frankreich, Deutschland
 Die Literaturwissenschaftlerin Eva-Tabea Meineke und der Kulturwissenschaftler Robert Lukenda diskutieren mit der italienischen Germanistin und Autorin Maddalena Fingerle und der Übersetzerin Sonja Finck über das Potenzial literarischer Sprache, individuelle und politische Sprachkonflikte, Sprachmischungen in der Literatur, Sprachen des Populismus, die Herausforderungen des Literaturübersetzens und neue Tendenzen auf dem italienischen, französischen und deutschen Buchmarkt.

Auf der „Leseinsel der unabhängigen Verlage“ in Halle 3.1. C 105 ist das Gastland Italien sehr präsent mit Übersetzerinnen und ihren Büchern:

Mittwoch, 16. Oktober, 15:00 Uhr:

Lesung und Gespräch mit Olga Campofreda „Anständige Mädchen“
Die Autorin Olga Campofreda stellt ihren Roman Anständige Mädchen vor.
Die Lesung und das Gespräch finden auf Italienisch und Deutsch statt.
 Moderation und Übersetzung: Verena von Koskull

Donnerstag, 17. Oktober, 16:30 Uhr
Frauen in der italienischen Verlagslandschaft – eine Bestandsaufnahme
Die Literaturbranche Italiens ist von Frauen geprägt. Sie arbeiten als Verlegerinnen, Agentinnen, Scouts, Autorinnen, Übersetzerinnen.
Loretta Santini (elliott edizione), Viktoria von Schirach (Literaturscout, Lektorin und Übersetzerin) und Silvia Meucci (Literaturagentin) sprechen darüber mit Katharina Schmidt und Barbara Neeb, literarische Übersetzerinnen mit Schwerpunkt Italien.

Freitag 18.Oktober, 11:00 Uhr

Liliana Segre/Enrico Mentana: Erinnern macht frei. Das unterbrochene Leben eines Mädchen in der Shoah
Die inzwischen 94-jährige Segre berichtet in klarer, literarischer Sprache von Auschwitz, Zwangsarbeit und Todesmarsch ebenso wie von den schwierigen Nachkriegsjahrzehnten. Vorgestellt wird die Autobiografie von der Übersetzerin Ulrike Schimming.

Sonntag, 20. Oktober, 10:00 Uhr

Ubah Cristina Ali Farah im Gespräch mit Henrieke Markert über ihren Roman „Der Kommandant“
Anlässlich der Buchmesse in Frankfurt liest die somalisch-italienische Autorin Ubah Cristina Ali Farah aus ihrem Roman »Der Kommandant des Flusses« und kommt ins Gespräch mit ihrer deutschen Übersetzerin Henrieke Markert. 

Italienischer Gemeinschaftsstand Halle 5.0 (A22):
Mittwoch, 16.Oktober, 15:30 Uhr
Reise durch Italien. Reise durch Deutschland. Austausch zwischen den beiden Verlagswelten
Übersetzerinnen und Übersetzer und Redakteurinnen und Redakteure erzählen von den Stationen einer langen Geschichte und einem dichten Netz von Beziehungen zwischen Verlagen und Ländern.
Mit Isabella Amico Di Meane (Übersetzerin), Alessandra Ballesi-Hansen (Nonsolo Verlag), Annette Kopetzki (Übersetzerin) und Marina Pugliano (Übersetzerin). Moderiert von Viktoria von Schirach (Literaturagentur Schirach). In Zusammenarbeit mit der Associazione Italiana Traduttori e Interpreti und StradeLab

Stand der Region Kampanien  Halle 3.1 G 704:
kuratiert vom Goethe-Institut Neapel wird es eine Reihe von Veranstaltungen geben:

Freitag, 18. Oktober, 11:00 Uhr
Valeria Parrella im Gespräch mit ihrer Übersetzerin Verena von Koskull über ihr Gesamtwerk, das in Deutschland bei Hanser erscheint, und den noch nicht ins Deutsche übersetzten Roman La Fortuna über das antike Pompeji.

Freitag, 18. Oktober, 11:00 Uhr
Im Gespräch mit den Verlegern Lothar Wekel (Römerweg/S. Marix) und Wolfgang Hörner (Galiani) und Piero Salabè (Hanser) geht es um die Übersetzung von Klassikern der italienischen Literatur. Mit Klaudia Ruschkowski, Herausgeberin der Reihe „Perlen“, stellen Lothar Wekel und die Übersetzerin Ulrike Schimming Matilde Seraos Der Bauch von Neapel vor.

Samstag, 19.Oktober, 12:30 Uhr
Maurizio de Giovanni im Gespräch mit seiner Übersetzerin Susanne Van Volxem über den Erfolg italienischer Kriminalromane auf dem deutschen Buchmarkt.

Absolut empfehlenswert, auch wenn es hier nicht um Übersetzung geht:

Das Programm des Pen Berlin auf der Messe, das kritische und mahnende Stimmen zur Lage Italiens wie Roberto Saviano, Francesca Melandri, Paolo Giordano, Antonio Scurati, Donatella di Pierantonio Melania M. Mazzucco
u.a. vereint.

Und außerhalb der Messe hat zum Beispiel die Deutsch-Italienische Vereinigung ein vielfältiges Programm zum Gastland Italien geplant:

Mittwoch, 16.Oktober, 19:30 Uhr
NONSOLO Limoni. Neue Reihe des nonsolo Verlags
Mit Olga Campofreda und Chiara Valerio, Moderation: Mario Desiati 
Indem er dem deutschen Buchmarkt einen neuen Blick auf zeitgenössische italienische Belletristik bietet, möchte der Nonsolo Verlag mit der Reihe NONSOLO Limoni unterstreichen, dass es in Italien mehr als nur „das Land, in dem die Zitronen blühn“ zu entdecken gibt. 

Freitag, 18. Oktober, 20:30 Uhr
Liliana Segre/Enrico Mentana: Erinnern macht frei. Das unterbrochene Leben eines Mädchens in der Shoah
Gespräch mit der Übersetzerin Ulrike Schimming
Lesung: Birgitta Assheuer
In deutscher Sprache

Auch in der Buchhandlung Büchergilde hat man das Gastland Italien auch im Blick. Die Autorin und ihre Übersetzerin im Gespräch:

Samstag, 19. Oktober, 18:00 Uhr
Ubah Cristina Ali Farah liest “Der Kommandant des Flusses“
Ubah Cristina Ali Farah ist eine somalisch-italienische Romanautorin, Dichterin, Dramatikerin und Librettistin. Mit „Der Kommandant des Flusses“ hat sie einen packenden Coming-of-Age Roman über das moderne Rom geschrieben. Über gesellschaftliche Ausschlüsse, Hierarchien und den Versuch diesen zu entkommen. Die Übersetzerin des Buches, Henrieke Markert, wird an diesem Abend nicht nur moderieren, sondern auch live übersetzen.

Open Books und Italien

In den Tagen der Buchmesse bieten sich in Frankfurt natürlich noch mehr Veranstaltungen an, zum Beispiel bei Open Books, wo das Gastland Italien von Autor*innen wie Melania M. Mazzucco oder dem vom Gastlandkomitee ausgeladenen (und später wieder eingeladenen?) Antonio Scurati vertreten wird.

Es gibt also auch jenseits des offiziellen Gastlandprogramms viel zum Ehrengast 2024 Italien auf der Messe und anderswo in Frankfurt zu entdecken.
K.S.

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